Vergleichbares Abitur in allen Bundesländern: Mitte März hat die Kulturministerkonferenz die neuen Rahmenbedingungen für die gymnasiale Oberstufe beschlossen. Erfahre hier, welche Änderungen die neue Oberstufenvereinbarung mit sich bringt und wie das Abitur künftig vergleichbar werden soll.
Spätestens für das Abitur 2030 gelten neue Rahmenbedingungen für die gymnasiale Oberstufe in allen Bundesländern, so beschlossen von der Kulturministerkonferenz Mitte März dieses Jahres. Weniger Leistungskurse, dafür mehr Grundkurse und vergleichbare Abiturnoten – die neue Oberstufenvereinbarung soll das Abitur einheitlicher gestalten. Nachfolgend sind die Veränderungen zusammengefasst, die auf Lehrkräfte und Lernende zukommen.
Eine Reformierung der seit über 50 Jahren existierenden Oberstufenvereinbarung ist seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Ende des Jahres 2017 nötig: Das Gericht fordert darin die Kultusministerkonferenz auf, ein vergleichbares Abitur in allen Bundesländern zu schaffen. Hintergrund: Die teils unfaire und nicht rechtskonforme Vergabe der Medizinstudienplätze aufgrund der Abiturdurchschnittsnote, die je nach Bundesland anders berechnet wird.
Eine Übergangslösung trat bereits im Sommer des Jahres 2018 in Kraft. Hier wurde ein Rang ermittelt und mit den Lernenden der anderen Bundesländer verglichen. Mitte März hat die Kultusministerkonferenz nun die neue Vereinbarung für die gymnasiale Oberstufe beschlossen, die spätestens für alle Lernenden gilt, die ihr Abitur 2030 ablegen.
Welche Veränderungen treten mit der neuen Oberstufenvereinbarung in Kraft?
Mit der neuen Reform gibt es eine noch nie dagewesene einheitliche Regelung für Abiturklausuren und -prüfungen zwischen den Bundesländern. Neben der Gewichtung von Klausuren müssen sich Lehrkräfte und vor allem Lernende, die spätestens im Jahr 2027 in die Einführungsphase derOberstufe treten und ihr Abitur 2030 ablegen, auf die nachfolgenden Veränderungen einstellen:
Bisher konnten Lernende maximal vier Leistungskurse belegen. Mit der neuen Reform soll die Anzahl auf zwei bis maximal drei Leistungskurse beschränkt werden. Hierbei gilt: Fünf Unterrichtsstunden pro Woche bei der Belegung von zwei Leistungskursen, vier Stunden Unterricht bei einer Anzahl von drei Leistungskursen. Zudem müssen zwei Leistungskurse doppelt bewertet werden.
Die Kursbelegung in den vier Halbjahren der Qualifikationsphase wird künftig auf 40 Kurse festgeschrieben, von denen 36 Kurse in die Abiturnote mit einfließen. Bisher konnten die Lernenden je nach Bundesland zwischen 32 und 40 Kursen wählen.
Erstmals treten mit der neuen Oberstufenvereinbarung einheitliche Regelungen bei der Gewichtung und Anzahl von Klausuren in Kraft. In Leistungskursen müssen pro Halbjahr ein bis zwei Klausuren geschrieben werden. Im vierten Halbjahr können die Länder eigenständig entscheiden, ob eine weitere Prüfung ansteht. Bei der Benotung bei zwei Klausuren fließen 50 Prozent in die Halbjahresnote ein, bei einer Prüfung sind es hingegen nur 30 Prozent. Die Regelungen gelten auch bei Klausuren in Grundfächern sowie in den Fächern Mathematik, Deutsch und der ersten Fremdsprache.
Eine Belegung der Fächer in Gesellschaftswissenschaften umfasste bislang vier Schulhalbjahre. Durch die neuen Rahmenbedingungen wird die Anzahl auf mindestens sechs Schulhalbjahre angehoben.
Anstatt den bisherigen zwei Unterrichtsstunden in den Grundkursen Chemie, Biologie und Physik werden die Lernenden künftig in allen Bundesländern drei Stunden pro Woche in Naturwissenschaften unterrichtet.
Die Meinungen zur neuen Oberstufenvereinbarung sind uneinheitlich. Vertreter des Deutschen Lehrerverbandes und des Deutschen Philologenverbandes merkten teils positives Feedback an. Wohingegen die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie ein Bündnis verschiedener Bildungsinitiativen und Verbände kritische Stimmen äußerten. Einige sehen die neuen Regelungen als positiven Schritt, während andere sie als „falsche Weichenstellung“ betrachten. Sie sehen die Flexibilität der Schülerinnen und Schüler in der gymnasialen Oberstufe beeinträchtigt. Letztere befürworten zeitgemäße Strukturen, die auf die Förderung von Kommunikation, Kreativität, Kollaboration und kritischem Denken abzielen.
Mehr Gleichberechtigung und Einheitlichkeit für das Abitur in allen Bundesländern, so ähnlich lauteten die Forderungen des Urteils vom Bundesverfassungsgericht aus dem Jahr 2017 an die Kulturministerkonferenz. Jetzt ist die neue Oberstufenvereinbarung beschlossen, die in allen Bundesländern spätestens für das Abitur 2030 greift.
Aber die Veränderungen bei der Gewichtung von Klausuren und Belegung von Kursen kommen nicht überall positiv an. Laut Kritikern verschaffen die neuen Regelungen jedoch keine Flexibilität für Lernende der Oberstufe und entsprechen somit nicht der heutigen Zeit.
Die Praxis wird künftig zeigen, ob die neue Oberstufenverordnung tatsächlich zu einer größeren Vergleichbarkeit des Abiturs führt.